Wilhelm Jacoby/Carl Laufs: Pension Schöller

Team:

Regie: Carola Söllner, Bühne: Steven Koop, Kostüme: Gabriele Kortmann

Ensemble:

Alessa Kordeck (Franzi Schöller), Saskia Kästner (Josefine Zillerthal), Wiebke Isabella Neulist (Ida Klapproth), Oliver Jaksch (Ludwig Schöller) Georg Lorenz (Major a.D. Wilhelm von Mühlen), Matthias Manz (Eugen Schöller), Andreas Schneider (Prof. Friedrich Bernhardy), Marius Schneider (Alfred Klapproth) und Charles Ripley (Philipp Klapproth)

Premiere: 19.06.2021, Burgfestspiele Mayen

Pressestimmen:

„Eine „wahnsinnig“ gute Komödie! (…) Carola Söllner hat die Verwechslungskomödie auf die Bühne der Burgfestspiele gebracht und konnte damit richtig punkten. Ohne Pause ein solch rasantes Stück von Anfang bis Ende spannend zu gestalten, war eine Herausforderung , die ihr und ihrem  komödiantischem Ensemble rundum geglückt ist. Prädikat: Absolut sehenswert!“ (MAYEN am Wochenende, 26.06.2021)

„Das Ensemble agiert engagiert und temporeich. Die Komödie spielt mit viel Wortwitz und Situationskomik. (…)  Großartig die Kostüme von Gabriele Kortmann. Sie hat sie in unglaublicher Weise auf das Bühnenbild abgestimmt. Und natürlich sind sie ebenso exzentrisch wie diejenigen, die sie tragen.“ (Meine Eifel.de, 20.06.2021)

„Alle Burgfestspiel-Besucherinnen und -Besucher kamen bei dem humorvollen und temporeichen Abend voll auf ihre Kosten. (…) Die Aufführung hat alles, was eine gute Komödie ausmacht: unerwartete Wendungen, Verstrickungen und Täuschungen. Die Zuschauer erlebten den Widerspruch von Schein und Wirklichkeit. Dabei jagte ein Gag den nächsten – oft von Szenenapplaus bedacht. (…) Es war dem Publikum anzuspüren, dass es sich nach der langen Zeit des Lockdowns und dem daraus resultierenden Verzicht auf Kultur danach sehnte, einmal wieder einen unbeschwerten, sorgenfreien Abend verbringen zu dürfen. Das ist Carola Söllner mit ihrer schwungvollen Inszenierung perfekt gelungen.“ (Wochenspiegel, 23.6.2021)

„Vielfach erprobt und bearbeitet um Spielfreudigen die Rampe für ein temporeiches Theater zu eröffnen. Und das ist Regisseurin Carola Söllner auf jeden Fall gelungen: Körperbetont, in vielen Szenen geradezu slapstickartig durchchoreografiert läuft die Geschichte besonders im zweiten Teil  wie am Schnürchen ab.“ (Rhein-Zeitung vom 21. Juni 2021)

Interview aus dem Programmheft:

Pension Schöller ist ein Stück von 1890, die in Mayen gespielte Fassung ist in die Zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts verlegt. Warum ist das Stück für Dich heute noch interessant?
Weil wir nicht klüger werden! Heute wie vor 130 Jahren glauben wir oft, wir allein hätten verstanden, wie das Leben funktioniert. Wir stempeln andere Menschen ab, wir machen uns über sie lustig. Die Einzigen, über die wir nicht lachen, sind oft wir selbst. Wir bekommen nicht mit, dass ein Konflikt sich häufig da entzündet, wo wir nicht in der Lage sind, uns selbst vielleicht mal nicht so ernst zu nehmen. Und dass er sich auflöst, wenn wir uns selbst mit ein bisschen Abstand und Humor betrachten. So ist es auch bei „Pension Schöller“: Klapproth will „Verrückte“ sehen, und durch seinen Blick auf die Menschen scheinen sie ihm eben auch „verrückt“.
Wie er selbst sich aufgeführt hat, merkt er erst, als man umgekehrt ihn für verrückt erklärt.

Wahnsinn und Normalität sind Kriterien, die sich gerade in den letzten anderthalb Jahren ziemlich verschoben haben – Dinge, die uns früher normal erschienen, sind ins Wanken geraten, unser Weltbild hat sich als sehr erschütterbar erwiesen. Spielen die Erfahrungen der Pandemie in Deine/Eure Arbeit hinein?
Ich denke, das ist gar nicht vermeidbar. Tatsächlich ist es so, dass uns die vielen Herausforderungen der Corona-Pandemie gezeigt haben, wie wenig oder auch viel Halt wir eigentlich wirklich haben. Was in unseren Leben wirklich „stimmt“ und was vielleicht schon lange in einer Schieflage ist und nun zerbricht. Wir hatten auf einmal auch Zeit, wahrzunehmen, dass unsere Normalität vielleicht längst „wahnsinnig“ war, zu kräftezehrend, zu viel. Diese Erfahrung nehme zumindest ich mit in die Arbeit hinein. Und was man im Umgang mit der Pandemie denke ich wirklich sehr stark merkt, ist der Hang der Menschen zur Schwarz/Weiß-Malerei. Für Viele gibt es nur noch „ja“ oder „nein“, differenzierte Diskussionen sind den meisten Menschen zu anstrengend, oder jedenfalls werden sie kaum mehr geführt. Dieses Verhalten ist der Nährboden für die Grundfrage von Pension Schöller: Gibt es eigentlich „Verrückte“ und „Normale“? Und wenn ja – wer definiert, wer zu welcher Kategorie gehört?

A propos Schwarz/Weiß-Malerei: Die vorherrschenden Töne auf der Bühne und in den Kostümen sind Schwarz und Weiß, ergänzt durch einige klare Farben. Warum hat sich das Team für diese Ästhetik entschieden?
Die Zwanziger Jahre sind eine Zeit der Kontraste. Die Parallelen zur Gegenwart sind so augenfällig, dass man sie kaum ausblenden kann: Altes gerät ins Wanken oder fällt, Neues funktioniert (noch) nicht. Wir müssen uns von scheinbaren Sicherheiten verabschieden und uns ins Unbekannte stürzen. Gesellschaftliche Gräben werden immer größer. Diese vielen Widersprüche lassen sich mit Schwarz und Weiß ästhetisch ganz einfach klar machen.

Aber auch die schwarz-weiß-Filme der frühen Kinojahre standen Pate bei der Wahl dieser Farben, ebenso das Bauhaus mit den klaren Farben Rot, Blau und Gelb und seinen klaren Formen. Bei uns kommt für die ländliche Welt von Klapproth noch Grün dazu. All das zusammen erzählt vielleicht nicht von den Zwanziger Jahren, wie man sie sofort im Kopf hat: Charlestonkleid, Federboa, fertig sind die Roaring Twenties. Es erzählt aber von den Zwanziger Jahren der großen Umbrüche in Kunst, Philosophie und Denken. Von einer Zeit der Kontraste und Spannungen. Und das finden Gabriele Kortmann, Steven Koop und ich gerade für „Schöller“ sehr aufregend.

Wie geht man an Figuren wie die skurrilen Charaktere in der Pension Schöller heran?
Indem man sie ernst nimmt. Jede Figur hat eine Biographie, teilweise taucht sie im Stück konkret auf, teilweise muss man sie zwischen den Zeilen herauslesen. So „verrückt“ sich die Leute im Stück teilweise verhalten – sie tun das nie ohne Grund. Unser Ziel im Team und Ensemble ist es, dass das Publikum über die Situationen lacht, die sich mit diesen Figuren ergeben, nicht, dass es die Figuren auslacht. Immer wieder entgleiten den Menschen im Stück Situationen auf eine wirklich wahnsinnig komische Art, und das ist etwas, was uns allen – wenn wir ehrlich sind – doch ständig passiert. Wenn unser Publikum sich prächtig amüsiert hat und vielleicht gar nicht so genau weiß, ob es über sich selbst oder über das Stück gelacht hat, dann haben wir alles richtig gemacht.